Kürzlich las ich im Philosophie-Magazin Nr.03 – April/Mai 2013 von Daniel Kahneman und seiner „Erwartungstheorie“. Im Interview auf Seite 65 beschreibt er seine zwei fiktiven Figuren.
„Das System 1 regiert unsere Intuition: Es arbeitet automatisch, assoziativ, sucht nach Verbindungen zwischen Ursache und Wirkung und stützt sich auf einzelne Details. System 1 hat nichts mit Statistik oder großen Zusammenhängen am Hut. Es sucht nach Kohärenz. … Die Leichtigkeit, mit der System 1 zu einer Antwort gelangt, verstärkt das Vertrauen in seine Urteilskraft.“
„System 2 hat die Fähigkeit, vernünftig zu argumentieren, den Einflüsterungen von System 1 zu widerstehen, die Dinge zu verlangsamen, etwas mit logischen Analysen zu belegen und unsere Illusionen der Gültigkeit einer Selbstkritik zu unterziehen. Aber es interveniert nur gezwungenermaßen und auf Druck hin. Wenn unser System 2 in Aktion tritt, dann erweitern sich unsere Pupillen, unser Herzrhythmus wird schneller, unser Gehirn verbraucht eine Ration Glukose. Es braucht Anstrengung und Konzentration, um zwei widersprüchliche Szenarien aufrechtzuerhalten. Darum begnügt sich System 2 die meiste Zeit damit, die Erklärungsmuster als gültig anzuerkennen, die von System 1 kommen: Es ist einfacher, in Gewissheit abzugleiten, als auf Zweifel zu beharren.“
Der Artikel verweist auf Daniel Kahneman einziges ins Deutsche übersetzte Buch über seine „Erwartungstheorie“, in dem vom Kampf zwischen leichtfüßiger Intuition und träger Vernunft erzählt wird: Schnelles Denken, langsames Denken. Siedler, 2012.
P.S.: Die Bibel der „Verhaltensökonomie“ ist das Buch „Nudge“ von Richard Thaler und Cass Sunstein erscheinen 2008. Der Titel kommt von „to nudge“, „die Leute anzuschubsen“.